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Leistungsausschluss SGB II für BewohnerInnen stationärer Einrichtungen

Zum Urteil des Bundessozialgerichts betreffend des Leistungsausschlusses nach dem SGB II bei Personen, die sich in stationären Einrichtungen aufhalten erhalten Sie eine aktualisierte Information des Paritätischen Gesamtverbandes

Wir möchten Sie auf die Stellungnahme der BAG Wohnungslosenhilfe (BAGW) zum Urteil des Bundessozialgerichts vom 5. Juni 2014 (Az.:B 4 AS 32/13.R) zur Thematik, wann Bewohner/innen stationärer Einrichtungen nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II von SGB II-Leistungen ausgeschlossen sind, aufmerksam machen.

Darüber hinaus erhalten Sie Mustervordrucke zu:  

• Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz  

• Muster Widerspruch Leistungsbefristung/ Ausschluss  

Das neue Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) führt nach der Stellungnahme der BAG Wohnunglosenhilfe, die vom Paritätischen Gesamtverband geteilt wird, zu keiner Änderung der Leistungsansprüche gem. SGB II.    

Gemäß dem BSG Urteil findet der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II nur dann Anwendung, wenn ein Hilfebedürftiger, der in einer stationären Einrichtung i. S. d. § 13 SGB XII formell aufgenommen wurde und dort stationäre Leistungen erhält, auch im Sinne der Vorschrift in der Einrichtung „untergebracht“ ist. Eine Unterbringung liegt laut BSG vor, wenn die Einrichtung nach Maßgabe ihres Konzeptes die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und Integration des Hilfebedürftigen übernimmt (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 28) und der Hilfebedürftige dem Arbeitsmarkt deswegen tatsächlich nicht mehr zur Verfügung steht (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 33). Bei der Frage, ob die Gesamtverantwortung übernommen wurde, kommt es nach dem BSG über die Auslegung des Trägerkonzeptes hinaus auf die konkret auf den Hilfebedürftigen angewandte Maßnahme an sowie auf das Maß an Verantwortung, die der Träger der Einrichtung für den Hilfebedürftigen übernommen hat (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 35). Es wird also auf den Einzelfall abgestellt.  

Wird die Gesamtverantwortung der Einrichtung bejaht, ist der Hilfebedürftige grundsätzlich nicht dem Hilfesystem des SGB II sondern dem des SGB XII zuzuordnen. Eine Schlechterstellung bezogen auf Leistungen der Eingliederung in Arbeit ist damit nach dem BSG jedenfalls für Personen mit einem Anspruch auf Eingliederungshilfe aber nicht verbunden. „Denn die Eingliederungshilfe […] umfasst über die Verweisung in § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII auf § 33 SGB IX das gesamt Leistungsspektrum der Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben“ (vgl. BSG, a. a. O., R. 34).  

Trotz stationärer Unterbringung im Sinne der BSG-Rechtsprechung hat eine Person aber ausnahmsweise trotzdem Anspruch auf SGB II-Leistungen, wenn die Rückausnahme des § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II eingreift, weil die Person tatsächlich im Umfang von 15 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig ist.  

Im Rahmen der BAGW Stellungnahme kommt Prof. Dr. Roscher zu folgenden Ergebnissen:  

Einrichtungen gem. §§ 53 SGB XII und §§ 67 SGB XII  

Bei einer Einrichtung nach den §§ 53 ff. SGB XII oder den §§ 67 ff. SGB XII, in der auch die berufliche Eingliederung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten der besonderen Zielsetzung der jeweils durchlaufenen Maßnahme entspricht, und arbeitsfähige Bewohner/innen als unabdingbarer Teil dieses besonderen Eingliederungshilfeprozesses in dieser Beziehung die erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen haben, handelt es sich um keine vollstationäre Versorgung gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II, die dem Bezug von Arbeitslosengeld II entgegen steht.  

Anwendung im Strafvollzug  

Typisch für den Strafvollzug ist eine weitgehende Kontrolle der Lebensführung. Die Rechtsprechung der Sozialgerichte lehnte z. B. bei Inhaftierten, die über eine Freigängererlaubnis verfügten und außerhalb der JVA um eine Beschäftigung nachsuchen, aber sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht (mehr) eingliedern konnten, die Anwendbarkeit des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II ab, denn die Freigänger/innen waren nicht erwerbstätig und die weiter andauernde Inhaftierung stellt einen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB II dar. – Wenn ein/e Freigänger/in allerdings auf dem freien Arbeitsmarkt eine Beschäftigung findet und dort tatsächlich mindestens 15 Stunden pro Woche beschäftigt ist, dann greift die aus § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II hervorgehende Ausnahmenorm und das JobCenter hat bei entsprechender Hilfebedürftigkeit die Unterkunft dieser Person (anteilig) zu finanzieren bzw. haftbedingt aufgelaufene Mietschulden für einen aber noch zur Verfügung stehenden Wohnraum gemäß § 22 Abs. 8 SGB II zu übernehmen.  

Was ist bisher im Kontext des BSG Urteils passiert?  

Sowohl einige Jobcenter  als auch der LWV Hessen sahen unter Bezug auf diese Entscheidung einen vollständigen Leistungsausschluss für Bewohner/innen stationärer Einrichtungen von SGB II Leistungen. So schrieb der LWV Hessen in einem Rundschreiben vom 23. Juni 2014 (S.2):„Stationär betreute und Arbeit suchende Personen, die einer Erwerbstätigkeit in diesem zeitlichen Umfang auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen könnten, aber noch keinen solchen Arbeitsplatz haben, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Sie erhalten folglich weder Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 391,00 € noch die Kosten der Unterkunft in Höhe von 329,95 € mtl.“  

Angesichts der oben geschilderten Rechtslage halten wir es für sinnvoll sich der undifferenzierten Leistungsverweigerung  entgegenzustellen. Das gilt auch für die Empfehlung, erst mal Rechtsschutz zu suchen. Denn zum einen ist der Rechtsschutz vor den Sozialgerichten nicht mit Kosten verbunden. Zum anderen könnte er notwendige Voraussetzung sein, dass - sofern der Leistungsausschluss dennoch vorliegt -, möglichst schnell der Sozialhilfeträger nach dem SGB XII in Anspruch genommen werden kann.

Was ist geplant?  

Am 14.11.2014 werden die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege im Rahmen der BAGFW die Problematik des Leistungsausschlusses mit Vertreter/-innen der Bundesregierung erörtern. Die BAGFW will der oben dargestellten, um sich greifenden Praxis entgegenwirken, wonach entgegen der genauen Urteilsbegründung des BSG stationär betreute und Arbeit suchende Personen, die einer Erwerbsfähigkeit im Umfang von 15 Wochenstunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen könnten, aber noch keinen solchen Arbeitsplatz haben, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II mehr erhalten. Die Wohlfahrtsverbände plädieren für eine gesetzliche Klarstellung in § 7 SGB II, (siehe auch das aktuelle BAGW-Positionspapier zu den Ergebnissen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vereinfachung des Leistungsrechts SGB II vom 14.10.14)  

Nach uns vorliegenden Informationen plant  Bundesagentur für Arbeit neue fachliche Hinweise zu § 7 SGB II. Diese sollen im Dezember 2014 veröffentlicht werden. In der BAGFW wird derzeit abgestimmt, diesbezüglich gemeinsam auf die BA zuzugehen.  

Was uns interessiert?  

  • Haben Sie Hinweise auf Leistungsausschlüsse in Ihrem Bundesland erhalten?  

  • In welchen Einrichten in der Suchthilfe, Wohnungslosenhilfe oder Straffälligenhilfe sind diesbezügliche Probleme entstanden?- Welches Konzept liegt den Einrichtungen zugrunde (z. B. Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung..)?      

Wir möchten Ihre Rückmeldungen in den weiteren Diskussionsprozess einbringen.  

Verknüpfte Artikel:

 

Downloads:

 

Downloads für Mitglieder:

pdf  Stellungnahme des FA Sozialrecht der BAG W zum BSG_Urteil vom 5_06_2014 (42.28 kB)

document  Muster_Widerspruch Einrichtungsunterbringung A7 7 Abs. 4 SGB II 13. Oktober 2014 (19.44 kB)

document  Muster_Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz 13. Oktober 2014 (19.43 kB)

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