Im Anhang finden Sie die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung im Sozialrecht.
Zusammenfassung:
Der Deutsche Verein stellt in seiner Stellungnahme dar, dass das Vertrauen der Bürger:innen in den Sozialstaat durch eine gute Sozialgesetzgebung und eine funktionsfähige Verwaltung gesichert werde. Hierdurch werde auch die Stabilität der Demokratie gefördert. Hingegen wird durch ein zu hohes Maß an Bürokratie und zu viele gesetzliche Regelungen werde das Gegenteil erreicht. In Deutschland sei die Sozialgesetzgebung sehr komplex ausgestaltet und die verschiedenen Regelungen seien nicht auf angrenzende Rechtsmaterien abgestimmt. Daher bestehe laut Deutschem Verein dringender Handlungsbedarf, um das Vertrauen der Bürger:innen in den Sozialstaat sowie seine Handlungsfähigkeit und Finanzierbarkeit zu sichern.
Als erste Empfehlung für eine Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung benennt der Deutsche Verein das Erfordernis der Vereinheitlichung und Harmonisierung der verwendeten Rechtsbegriffe. Ohne eine solche Harmonisierung sei das Recht übermäßig komplex, da mit einem Begriff unterschiedliche Rechtsbereiche bezeichnet werden oder gleiche Rechtskonzepte mit unterschiedlichen Begriffen bezeichnet werden. Vor diesem Hintergrund schlägt der Deutsche Verein vor bspw. die Begriffe „Einkommen, und alleinerziehend“ anzugleichen sowie Altersgruppen bei existenzsichernden Leistungen anzugleichen.
Der Deutsche Verein fordert darüber hinaus, keine neuen Begrifflichkeiten einzuführen, da dies das Sozialrecht nochmals verkomplizieren und die Abgrenzung zu anderen Begriffen erschwere. Zudem müssten die Bewilligungszeiträume verlängert werden, um eine Planbarkeit und Verlässlichkeit der Leistungen zu erreichen. Jedoch müsse die Gestaltung der Bemessungs- und Bewilligungszeiträume derart vorgenommen werden, dass eine Unterdeckung der Bedarfe möglichst ausgeschlossen werde und zugleich das stellen von Folgeanträgen vereinfacht werde. Dies könne beispielsweise durch eine automatische Übernahme der Daten aus vorangegangenen Anträgen in neue Anträge gelingen, sodass nur die Änderungen einzutragen und nachzuweisen seien.
Weiter führt der Deutsche Verein aus, sei zu empfehlen, Geldleistungssysteme zusammenzuführen, damit Leistungen aus einer Hand umgesetzt werden können. Habe in bestimmten Fällen eine gesonderte Antragstellung zu erfolgen, so sei es den Antragstellenden zu ermöglichen diese an einer Stelle gebündelt zu stellen. Zudem müsse das Beratungsangebot und insbesondere auch die gesetzliche Beratungspflicht verstärkt werden, damit Leistungsberechtigte niederschwellig und barrierefrei Zugang zu Informationen erhalten. Dies könne mittels digitalen Informationsplattformen gelingen. Es müsse überdies eine an den Bedarfen der Bürger:innen ausgerichtete Beratungspflicht eingeführt werden, die über eine generelle Beratungspflicht hinausgehe.
Es sei dafür Sorge zu tragen, dass Behörden leistungssystemübergreifend zusammenarbeiten und Daten weiterleiten, damit es weder zu Bedarfsunterdeckungen beim Wechsel zwischen Leistungssystemen, noch zu Mehrfachprüfungen von Anträgen komme. Es müsse das sog. Once-Only-Prinzip gelten, sodass Bürger:innen nur einmal relevante Daten abgeben müssen und diese an die relevanten Stellen weitergeleitet werden.
Der Deutsche Verein fordert die Belegvorlagepflichten in eine Belegvorhaltepflicht umzuwandeln, wie es aktuell bereits im Rahmen des Steuerrechtes üblich sei und macht deutlich, dass die Berichts- und Dokumentationspflichten zu verringern seien. Das Erfordernis nach eine Reduzierung der vorhandenen Berichts- und Dokumentationspflichten bestehe, nach Auffassung des Deutschen Vereins, insbesondere in dem Leistungsbereichen der Kinder- und Jugendhilfe, der Eingliederungshilfe und der Langzeitpflege.